THEMEN // ISSUES

In-Toleranz: Ausgrenzung bis Akzeptanz

< \ > Menschen grenzen andere aus, weil sie anders aussehen, denken oder leben. Diese Intoleranz entsteht oft aus Angst vor dem Unbekannten oder dem Bedürfnis nach einfachen Feindbildern (Ingroup/Outgroup, Bedrohungswahrnehmung).➕ Auch Machtinteressen, soziale Statusangst und normativer Konformitätsdruck spielen eine Rolle – Angst ist also nicht der einzige Faktor. Das Paradoxe: Wer Toleranz als grenzenloses Prinzip versteht, läuft Gefahr, auch Intoleranz zu legitimieren
Wer absolute Toleranz fordert – also Toleranz als grenzenloses Prinzip versteht, muss auch Intoleranz tolerieren – läuft also Gefahr, auch Intoleranz zu legitimieren und riskiert damit, dass Toleranz selbst zerstört wird. ⚠ Aber: Diese Formulierung ist eine Verkürzung.

“Ist Toleranz blind für Intoleranz?”

< / > Gesellschaften reagieren mit Gesetzen gegen Diskriminierung und moralischen Appellen. Doch oft wird “Null Toleranz gegenüber Intoleranz” zum Totschlagargument, um Diskussionen abzuwürgen. ⚠ Einschränkung:
Nicht jede Berufung auf „Intoleranz“ ist ein Diskursabbruch – manchmal ist sie notwendig, etwa bei klar menschenfeindlichen oder gewaltlegitimierenden Positionen. Die Grenze zwischen berechtigter Kritik und Ausgrenzung verschwimmt. Jeder kann den anderen als intolerant bezeichnen und damit mundtot machen.

“Offen für alles – außer für Meinungen, die einem nicht passen?”

< | > Differenzieren statt pauschalisieren: Gewalt und Gewaltandrohung nicht tolerieren. Unbequeme Meinungen aushalten und rational diskutieren. Dialog maximieren, bevor wir Menschen ausschließen. ➕ Dialog hat Grenzen bei asymmetrischer Macht oder gezielter Desinformation. Toleranz normalisieren als gegenseitigen Respekt trotz Differenzen, nicht als bedingungslose Akzeptanz. Grenzen variieren je nach Kontext – was im privaten Raum gilt, unterscheidet sich vom öffentlichen Diskurs.

“Alles akzeptiert, so wie es ist – zumindest so lange, bis es anstrengend wird?”

< /|\ > Das solltest du wissen: Karl Poppers Toleranz-Paradoxon (1945) wird heute oft falsch zitiert. Popper sagte: Intoleranz “so lange wie irgend möglich” durch rationale Argumentation bekämpfen. ⚠ Präzisierung: Popper spricht nicht nur von tatsächlicher Gewalt, sondern auch von Aufrufen dazu. Erst wenn Intolerante systematisch Gewalt ausüben UND jeden rationalen Diskurs ablehnen, endet die Pflicht zur Toleranz. Studien zeigen: Gesellschaften mit hoher Meinungsvielfalt sind stabiler als solche mit erzwungener Einheitsmeinung.
⚠ Es hängt stark davon ab:
⬡ ob es gemeinsame demokratische Spielregeln gibt
⬡ ob Institutionen Konflikte moderieren können
Ohne diese Bedingungen kann Vielfalt auch instabil machen.

In Deutschland bezeichnen laut Umfragen beide politischen Lager (links/rechts) die jeweils andere Seite als “intolerant” – ein Spiegeleffekt der Selbstgerechtigkeit (Spiegel-Effekt, moralische Selbstüberhöhung).

“Immer den “Guten” folgen – weil die ja genau wissen, wer “falsch” liegt?”

< ∞ > Conclusion

Wahre Toleranz ist anstrengend: Sie erfordert Aushalten von Widerspruch, kritisches Denken und die Demut, nicht jede Grenze endgültig ziehen zu können. Der Weg von Ausgrenzung zu Akzeptanz ist kein linearer Fortschritt, sondern ein ständiges Aushandeln zwischen Offenheit und Selbstschutz.

Konkretes Beispiel: Eine Schule diskutiert über religiöse Symbole im Klassenzimmer:

  • Position A: “Alle Symbole verbieten – neutral bleiben”
  • Position B: “Alle Symbole erlauben – Vielfalt zeigen”
  • Position C: “Symbole erlauben, solange sie nicht zur Missionierung genutzt werden”

Keine Lösung ist perfekt. Aber Position C versucht zu differenzieren: Ausdruck tolerieren, Übergriffigkeit begrenzen. Sie maximiert Dialog statt Verbote und integriert verschiedene Bedürfnisse. Das ist unbequem – aber funktionsfähige Toleranz war nie als Wohlfühlprojekt gedacht. ⚠ Wichtig: Auch Position C bleibt konfliktanfällig.



Verstehen, um Grenzen klug zu setzen

Wer Menschen und ihre Motive kennt, kann tolerant handeln, ohne Gewalt, Ausgrenzung oder Dogmatismus zu rechtfertigen.

„Wir müssen nicht jede Handlung akzeptieren, um tolerant zu sein. Wir müssen nur verstehen, warum Menschen handeln – dann können wir klar Grenzen setzen und gleichzeitig Dialog ermöglichen.“

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